Wenn die Falschen Recht haben – Über Machtmissbrauch und die Gefahr für die Demokratie

von Mike Zimmermann

Was tun, wenn berechtigte Kritik aus dem falschen Munde kommt? Wenn jene, die selbst demokratische Grundwerte untergraben, plötzlich Missstände anprangern, die es tatsächlich gibt? Diese Frage drängt sich mir auf, wenn ich die jüngsten Diskussionen um die Trump-Administration und ihre autoritären Tendenzen verfolge.

Die berechtigten Vorwürfe – und ihre problematischen Urheber

Zunächst muss man klarstellen: Die Vorwürfe gegen Teile der US-Regierung unter Trump sind nicht aus der Luft gegriffen. Offensichtlich handelt es sich allerdings bei Akteuren wie J.D. Vance – um Figuren, deren Loyalität weniger der Demokratie als vielmehr der Manipulation dient. Sie instrumentalisieren Ängste, spalten die Gesellschaft und setzen Institutionen unter Druck, die eigentlich unabhängig sein sollten. Das ist kein politisches Gerangel, sondern handfester Machtmissbrauch.

Doch hier liegt die Krux: Die Kritik an dieser Entwicklung ist notwendig. Die Unterwanderung demokratischer Prozesse, die Einschränkung von Pressefreiheit oder die gezielte Desinformation sind reale Bedrohungen. Doch wenn ausgerechnet jene, die selbst diese Mechanismen nutzen, sich als Warner inszenieren – etwa indem sie auf „linksgrüne Wokeness“ als Feindbild verweisen –, wird die Debatte vergiftet.

Wokeness als Vorwand: Ein Ablenkungsmanöver

Der Verweis auf progressive Bewegungen oder „Cancel Culture“ dient hier vor allem einem Zweck: der Ablenkung. Indem man eine vermeintlich übermächtige „woke Agenda“ als Bedrohung stilisiert, wird der eigene Machtmissbrauch als notwendige Gegenwehr verkauft. Das ist zynisch – und gefährlich. Denn während man so tut, als ginge es um Meinungsfreiheit, werden tatsächlich demokratische Kontrollmechanismen ausgehebelt.

Doch auch hier gilt: Die Kritik an übertriebener politischer Korrektheit oder intolerantem „Wokeismus“ ist nicht per se unberechtigt. Nur wird sie von Trump und Co. nicht aus Sorge um eine offene Gesellschaft vorgetragen, sondern als Werkzeug, um eigene antidemokratische Ziele zu verschleiern.

„Ich hätte es nicht für möglich gehalten“ – Eine persönliche Reflexion

Der Satz „Ich hätte nicht gedacht, dass die Demokratie in meinem Land so untergraben werden könnte“ begleitet mich seit Jahren. Es ist ein Gedanke, der viele von uns umtreibt, die wir in stabilen, rechtsstaatlichen Systemen aufgewachsen sind. Doch die jüngere Geschichte zeigt: Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie wird nicht nur durch Putsche oder Gewalt bedroht, sondern auch durch schleichende Erosion – durch Lügen, die zur Normalität werden, durch die Enthemmung der Macht, durch den Glauben, dass „das System“ ohnehin gegen einen arbeitet.

Genau das macht die aktuelle Situation so tückisch. Wenn diejenigen, die demokratische Spielregeln missachten, gleichzeitig auf reale Probleme verweisen (etwa auf die Entfremdung zwischen Eliten und Bevölkerung), entsteht eine toxische Mischung aus berechtigter Wut und manipuliertem Zorn.

Fazit: Die Demokratie verteidigen – gerade wenn die Falschen Recht haben

Was also tun? Zunächst gilt es, genau hinzuschauen: Kritik ernst nehmen, aber die Absichten der Kritiker hinterfragen. Demokratiefeinde entlarven sich oft dadurch, dass sie selbst keine Lösungen anbieten, sondern nur Spaltung säen. Zweitens müssen wir uns von der Vorstellung lösen, dass politische Debatten „reine“ Seiten haben. Auch aus dubiosen Quellen kann ein wahrer Kern herausschimmern – doch dieser rechtfertigt keine Komplizenschaft.

Am Ende geht es darum, die Prinzipien zu stärken, die autoritäre Kräfte angreifen: Transparenz, checks and balances, eine unabhängige Justiz – und den Mut, Machtmissbrauch beim Namen zu nennen, egal von welcher Seite er kommt. Denn die größte Gefahr für die Demokratie ist nicht, dass ihre Gegner laut sind, sondern dass wir uns daran gewöhnen, leise zu werden.


Wie steht ihr zu diesem Spannungsfeld? Ist es möglich, berechtigte Kritik von denen anzuerkennen, dern Agenda man ablehnt – ohne ihnen in die Hände zu spielen? Diskutiert gerne in den Kommentaren!