Anabel Schunke vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen

Verena Liedthaus

Anabel Schunke, eine Journalistin und bekannte Stimme der kritischen Gegenöffentlichkeit, stand lange Zeit im Mittelpunkt einer kontroversen juristischen Auseinandersetzung, die grundlegende Fragen zur Meinungsfreiheit und zur Rolle der Justiz in Deutschland aufwarf. Im April 2022 hatte sie sich auf Twitter kritisch über einen Teil der Sinti und Roma in Deutschland und anderen Ländern geäußert. Sie argumentierte, dass einige Angehörige dieser Gruppe sich selbst aus der zivilisierten Gesellschaft ausschließen würden, indem sie den Sozialstaat betrügen, der Schulpflicht nicht nachkommen, kriminelle Handlungen begehen und sich bewusst absondern. Diese Aussagen führten zu einer Anklage wegen Volksverhetzung, die eine breite Debatte über die Grenzen der Meinungsfreiheit entfachte.

Schunke betonte stets, dass sie sich explizit auf einen Teil der Sinti und Roma bezog und nicht auf die gesamte Gruppe. Sie verwies darauf, dass ihre Aussagen durch soziologische und ethnologische Erkenntnisse sowie durch Kriminalstatistiken gestützt seien. Dennoch wurde sie vor Gericht gestellt, was viele als Angriff auf die Meinungsfreiheit und als politisch motiviertes Vorgehen kritisierten. Der Fall entwickelte sich zu einem langwierigen juristischen Prozess, bei dem Schunke zunächst zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt wurde. Nach mehreren Berufungen und Gegenbeschwerden wurde die Strafe zunächst verdoppelt, später jedoch auf 90 Tagessätze reduziert. Schunke und ihre Anwälte argumentierten konsequent, dass ihre Äußerungen nicht unter den Tatbestand der Volksverhetzung fielen und dass sie lediglich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht habe.

Nun hat sich das Blatt gewendet: Anabel Schunke wurde in letzter Instanz freigesprochen. Das Gericht bestätigte, dass ihre Äußerungen im Rahmen der Meinungsfreiheit zulässig waren und keine Volksverhetzung darstellten. Dieser Freispruch wird von vielen als wichtiges Signal für die Meinungsfreiheit in Deutschland gewertet. Er unterstreicht, dass auch kontroverse und kritische Aussagen, sofern sie sachlich begründet sind, durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung geschützt sind.

Der Fall hatte zuvor eine breite öffentliche Debatte über die Balance zwischen Meinungsfreiheit und dem Schutz vor Hassrede ausgelöst. Kritiker des ursprünglichen Verfahrens sahen darin einen Versuch, unliebsame Stimmen zum Schweigen zu bringen und eine abschreckende Wirkung auf andere Kritiker der Regierungspolitik zu erzielen. Sie warfen der Justiz vor, politisch motiviert zu handeln und Strafvorschriften in einer Weise anzuwenden, die ursprünglich für andere Sachverhalte gedacht war. Der Freispruch bestätigt nun, dass solche Bedenken ernst zu nehmen waren.

Schunkes Fall bleibt ein prägendes Beispiel für die Herausforderungen, die sich in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft stellen, in der die Grenzen zwischen legitimer Kritik und strafbaren Äußerungen immer wieder neu ausgelotet werden müssen. Ihr Freispruch ist nicht nur ein persönlicher Sieg, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Meinungsfreiheit in Deutschland. Er zeigt, dass die Justiz in der Lage ist, Fehlentscheidungen zu korrigieren und das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zu schützen.