Die neue Regierung und das Heizungsgesetz – hatte sich Merz auch hier zu weit aus dem Fenster gelehnt?

Verena Liedthaus

Die neue Bundesregierung unter Führung der Union hat sich mit großen Versprechen an die Macht gekämpft. Eines der zentralen Wahlkampfthemen war die Abschaffung des sogenannten Heizungsgesetzes, das unter der Vorgängerregierung von den Grünen vorangetrieben wurde. Doch nun zeigt sich: Die Realität holt die Regierung ein, und ihre Ankündigungen könnten sich als übereilt und unrealistisch erweisen.

Das Versprechen: Freiheit im Heizungskeller

Im Wahlkampf versprach die Union den Bürgern die Rücknahme des Heizungsgesetzes, das vorsieht, dass jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Die Botschaft war klar: Schluss mit dem „bürokratischen Reinregieren in den Heizungskeller“. Die Menschen sollten wieder die Freiheit haben, zu heizen, wie sie es für richtig halten. Ein Versprechen, das bei vielen Bürgern auf offene Ohren stieß, die sich von den Vorgaben der Ampel-Regierung gegängelt fühlten.

Die Realität: Rechtliche und politische Grenzen

Doch nun, da die Union an der Macht ist, zeigt sich, dass die Abschaffung des Heizungsgesetzes nicht so einfach umzusetzen ist, wie es im Wahlkampf klang. Ein Gutachten im Auftrag der CDU/CSU-nahen Klimaunion kommt zu dem Schluss, dass die „Systematik“ des Gesetzes nicht einfach über Bord geworfen werden kann. Der renommierte Verfassungsrechtler Gregor Kirchhof, einer der Autoren des Gutachtens, weist darauf hin, dass einschlägige Urteile des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesverfassungsgerichts und des EU-Menschenrechtsgerichtshofs Rückschritte beim Klimaschutz ausschließen.

Thomas Heilmann, scheidender CDU-Bundestagsabgeordneter und Chef der Klimaunion, fasst die Ergebnisse des Gutachtens zusammen: „Man wird Änderungen am sogenannten Heizungsgesetz machen können, aber die gesamte darin enthaltene Systematik über Bord werfen – das wird nicht gehen.“ Damit stellt sich die Frage: Hat sich die Union mit ihrem Versprechen, das Heizungsgesetz abzuschaffen, zu weit aus dem Fenster gelehnt?

Die Unsicherheit der Bürger

Die Debatte um das Heizungsgesetz hat in den vergangenen Jahren für erhebliche Unsicherheit bei den Bürgern gesorgt. Viele fragen sich, ob und wie lange sie ihre aktuelle Heizung noch nutzen können und welches System sie in Zukunft einbauen dürfen oder müssen. Die Union hatte im Wahlkampf versprochen, diese Unsicherheit zu beenden. Doch nun scheint es, als ob die Regierung selbst unsicher ist, wie sie mit dem Thema umgehen soll.

Heilmann räumt ein, dass die Formulierung im Sofortprogramm der Union, das Heizungsgesetz abzuschaffen, „unpräzise“ sei. Stattdessen wäre das Wort „Reform“ treffender gewesen. Doch eine Reform des Gesetzes wird die Unsicherheit der Bürger kaum lindern. Im Gegenteil: Sie könnte die Verwirrung noch vergrößern, da unklar bleibt, welche Teile des Gesetzes tatsächlich geändert werden sollen.

Die Rolle der SPD

Hinzu kommt, dass die SPD, die derzeit mit der Union über die Neuausrichtung der Energie- und Klimapolitik verhandelt, dem Heizungsgesetz nie besonders warmherzig gegenüberstand. Der damalige SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte bereits 2023 kritisiert, dass das Gesetz zu einseitig auf die Wärmepumpe setze. Die SPD zeigte sich zwar „inhaltlich verhandlungsbereit“, doch es bleibt abzuwarten, inwieweit sie bereit ist, den Forderungen der Union nach einer Abschaffung oder Reform des Gesetzes nachzugeben.

Fazit: Zu weit aus dem Fenster gelehnt?

Die neue Regierung steht vor einer schwierigen Aufgabe. Einerseits hat sie den Bürgern im Wahlkampf klare Versprechen gemacht, andererseits sieht sie sich nun mit rechtlichen und politischen Realitäten konfrontiert, die eine einfache Abschaffung des Heizungsgesetzes unmöglich machen. Die Union hat sich mit ihren Ankündigungen möglicherweise zu weit aus dem Fenster gelehnt und muss nun einen Weg finden, ihre Versprechen zumindest teilweise einzulösen, ohne dabei gegen rechtliche Vorgaben zu verstoßen oder die Bürger weiter zu verunsichern.

Es bleibt abzuwarten, wie die Regierung diesen Spagat meistern wird. Doch eines ist klar: Die Abschaffung des Heizungsgesetzes, wie sie im Wahlkampf versprochen wurde, wird es so nicht geben. Die Union muss sich darauf einstellen, dass ihre Versprechen an der Realität scheitern könnten – und das könnte für die neue Regierung zum politischen Bumerang werden.