Kritische Betrachtung der linken NGO Campact: Zwischen Aktivismus und Ambivalenz
Campact, eine der bekanntesten NGOs in Deutschland, mobilisiert seit Jahren erfolgreich Bürger:innen für progressive Anliegen wie Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Demokratieerhalt. Mit Online-Petitionen, Kampagnen und Protestaktionen prägt die Organisation politische Debatten und wird von vielen als Stimme der Zivilgesellschaft geschätzt. Doch hinter der Fassade des gut gemeinten Engagements drängen sich Fragen nach Transparenz, politischer Einseitigkeit und der Wirksamkeit ihrer Methoden auf – Fragen, die eine kritische Auseinandersetzung erfordern.
1. Simplifizierung komplexer politischer Themen
Campact-Kampagnen folgen oft einem klaren Schema: Sie reduzieren komplexe Probleme auf eingängige Forderungen („Stoppt das Mercosur-Abkommen!“) und setzen auf emotionale Appelle statt auf differenzierte Diskussionen. Zwar mag dies die Mobilisierung vereinfachen, doch die Nuancen politischer Lösungen gehen dabei verloren. So wird etwa die Energiewende als einfacher Kampf „der Menschen gegen die Konzerne“ inszeniert, während Zielkonflikte – wie Arbeitsplatzverluste oder die Kostenbelastung einkommensschwacher Haushalte – kaum thematisiert werden. Diese Schwarz-Weiß-Rhetorik verengt den demokratischen Diskurs, anstatt ihn zu bereichern.
2. Der Vorwurf der parteipolitischen Einseitigkeit
Campact betont zwar, überparteilich zu agieren, doch die inhaltliche Ausrichtung ist eindeutig: Die NGO kooperiert eng mit Parteien wie den Grünen oder der Linkspartei und positioniert sich implizit gegen konservative oder liberale Positionen. Als sie 2021 im Bundestagswahlkampf mit einer Kampagne gegen die FDP hetzte („Stoppt den FDP-Steuerbonus für Millionäre!“), warf selbst das linksliberale Tagesspiegel-Portal eine „grenzwertige Vermischung von zivilgesellschaftlichem Aktivismus und Wahlkampf“ auf. Solche Aktionen nähren den Verdacht, dass Campact weniger neutrale Watchdog-Organisation als verlängerter Arm einer bestimmten politischen Strömung ist.
3. Intransparenz und selektive Skandalisierung
Zwar veröffentlicht Campact seine Finanzquellen grob (über 90% der Einnahmen stammen aus Spenden), doch die Herkunft größerer Einzelspenden bleibt undurchsichtig. Kritiker:innen monieren zudem eine selektive Themenwahl: Während etwa die Klimapolitik der Ampel-Regierung scharf attackiert wird, bleiben ähnlich umstrittene Entscheidungen unter Grünen-Minister:innen (z. B. Robert Habeck Gas-Deals mit Katar) unkommentiert. Diese Doppelmoral untergräbt die Glaubwürdigkeit als unabhängige Kontrollinstanz.
4. „Clicktivism“: Aktivismus light?
Die Kernmethode von Campact – das Unterzeichnen von Online-Petitionen – steht exemplarisch für den Trend des „Clicktivism“: Engagement beschränkt sich auf wenige Klicks, ohne tiefergehende politische Bildung oder langfristiges Commitment. Zwar generiert dies medienwirksame „Erfolge“ („300.000 Unterschriften gegen …!“), doch ob solche Aktionen tatsächlich politischen Wandel bewirken oder nur ein Gefühl der Wirksamkeit simulieren, bleibt fraglich. Der Soziologe Stephan Lessenich warnte bereits 2019 vor der „Infantilisierung des Protests“ durch derartige Vereinfachungen.
5. Demokratieverständnis: Wer spricht für die „Vielen“?
Campact inszeniert sich gern als Sprachrohr der „Vielen“ – eine Behauptung, die bei näherer Betrachtung bröckelt. Die NGO vertritt vor allem die Interessen eines urbanen, bildungsbürgerlichen Milieus (laut eigenen Umfragen sind über 70% der Unterstützer:innen Akademiker:innen). Stimmen aus ländlichen Regionen, der Arbeiter:innenschaft oder konservativen Bevölkerungsgruppen finden hingegen kaum Gehör. Dieses Repräsentationsdefizit wirft die Frage auf: Kann eine Organisation, die nur einen gesellschaftlichen Teilbereich abbildet, wirklich für das „Gemeinwohl“ sprechen?
Fazit: Progressive Ziele, fragwürdige Mittel
Natürlich trägt Campact dazu bei, wichtige Themen auf die Agenda zu setzen, und fordert zu Recht eine mutigere Klima- und Sozialpolitik ein. Doch die pauschale Verteufelung politischer Gegner, die Intransparenz der Finanzströme und die Reduktion von Aktivismus auf digitale Quick Fixes hinterlassen einen schalen Beigeschmack. Eine wirklich demokratische Zivilgesellschaft braucht nicht nur lautstarke Proteste, sondern auch den Respekt vor pluralistischen Meinungen – und den Mut zur Selbstkritik. Campact täte gut daran, diese Lücken zu adressieren.
Verena Liedthaus